Neues Klimaschutzgesetz: Baden-Württemberg will Vorbild sein

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Als erstes Bundesland führt Baden-Württemberg eine Solarpflicht für Privathäuser ein. Die Novellierung des Klimaschutzgesetzes dürfte auch bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin eine Rolle spielen.

Die von der grün-schwarzen Regierung in Baden-Württemberg jetzt vorgelegte Novellierung des Klimaschutzgesetzes dürfte bei den Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl auch in Berlin eine Rolle spielen. Denn das Technologie- und Industrieland will gleich in mehrfacher Hinsicht – national und international – bei der Klimaschutzpolitik vorbildhaft sein: Das Land will bis 2040, also fünf Jahre vor dem Bund, klimaneutral sein.

Rüdiger Soldt Politischer Korrespondent in Baden-Württemberg. Folgen Ich folge

Wissenschaft und Unternehmen sollen technologische Lösungen entwickeln, die exportierbar sind und auch die Klimaschutzbemühungen auf nationaler Ebene voranbringen. Außerdem gilt vom 1. Mai 2022 an im Südwesten die Solarpflicht für jedes neu gebaute Wohnhaus. Vom 1. Januar 2023 an müssen Hausbesitzer sich eine Photovoltaikanlage aufs Dach bauen lassen, wenn sie den Dachstuhl grundständig sanieren.

Erstes Flächenland mit Solarpflicht für Privathäuser

Baden-Württemberg ist das erste Flächenland mit einer Solarpflicht für Privathäuser. Nur die Stadtstaaten Hamburg und Berlin haben diese bislang beschlossen – allerdings erst vom Jahr 2023 an. Auch muss in Baden-Württemberg jeder Parkplatz mit mehr als 35 Stellplätzen künftig mit einer Photovoltaik-Anlage ausgerüstet werden.

Beim Ausbau der Windkraft sowie von Flächen-Photovoltaik-Anlagen sollen zwei Prozent der Landesfläche hierfür reserviert werden. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte bei der Vorstellung des Gesetzesentwurfs beider Regierungsfraktionen, das Bundesland sei „zu klein“, um das Weltklima allein zu retten. Man könne aber Geschäftsmodelle und Produktlinien für den Weltmarkt entwickeln und damit den Klimaschutz voranbringen.

Die Gesetzesnovellierung sieht allerdings bis zum Jahr 2040 lediglich vor, „in der Bilanz treibhausneutral zu sein“, das heißt: Die Senkung der CO2-Emissionen kann mit Ausgleichsmaßnahmen verrechnet werden.

Die Koalition aus Grünen und CDU war im Mai nur deshalb zustande gekommen, weil die CDU sich im Wahlprogramm von ihren bisherigen Vorbehalten in der Klimaschutzpolitik verabschiedet und sich zu ehrgeizigeren Zielen bekannt hatte. Der stellvertretende Ministerpräsident und Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) sagte dennoch, von einer Vergrünung seiner Partei könne jetzt keine Rede sein, die CDU habe ihren Kurs nicht korrigieren müssen.

Mehrkosten bis zu 13.000 Euro für Bauherren

In der ersten grün-schwarzen Koalition hatten die Regierungsparteien zwar eine Photovoltaik-Pflicht für Gewerbegebäude beschlossen, die von den Grünen schon damals geforderte Solarpflicht für Privathäuser war aber am Widerstand der CDU-Landtagsfraktion gescheitert.

Für ein Einfamilienhaus oder ein Reihenhaus kommen auf die Bauherren durch die Solarpflicht künftig Mehrkosten in Höhe von 10.000 bis 13.000 Euro zu, die sich in der Regel innerhalb von zehn Jahren amortisieren sollen. Ob Industrie und Handwerk den im kommenden Jahr einsetzenden Nachfrageboom überhaupt befriedigen können, bleibt aber fraglich.

Die Opposition im Landtag kritisiert die Novellierung des Klimaschutzgesetzes: Nach Auffassung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Andreas Stoch holt die Regierung nur das nach, was sie in der vergangenen Legislaturperiode nicht bewerkstelligt hat – also die Solarpflicht für Privathäuser.

Die FDP lehnt die Solarpflicht ab, fordert stärkere Bemühungen beim Energiesparen und sorgt sich um die soziale Ausgewogenheit beim Klimaschutz: „Eine Solarpflicht im Zuge von Dachsanierungen wird vor allem viele ältere oder weniger vermögende Eigenheimbesitzer vor große Herausforderungen stellen, wenn eine Dachsanierung ansteht. Den zusätzlichen Aufpreis werden sie häufig kaum bezahlen können, zumal nicht auf jedem alten Bestandsdach eine Solaranlage sinnvoll möglich ist“ sagte Daniel Karrais, der klimaschutzpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion.

Der Entwurf zur Novellierung des Klimaschutzgesetzes ist nur der erste Schritt auf dem Weg zu Verbesserung des Klimaschutzes: Denn Detailregelungen werden im „Integrierten Energie und Klimaschutzkonzept“ (IEKK) normiert, das derzeit ebenfalls überarbeitet wird. Der Bau von Flächen-Photovoltaik-Anlagen und Windrädern dürfte wegen veralteter Regionalentwicklungspläne weiterhin langsam vorankommen. Die Landesregierung will deshalb den im Kern aus den Siebzigerjahren stammenden Landesentwicklungsplan reformieren, was im Koalitionsvertrag verabredet wurde, aber vermutlich einige Jahre dauern wird.

MarktpLatz on July 14th, 2021 at 16:07 UTC »

Die Opposition im Landtag kritisiert die Novellierung des Klimaschutzgesetzes: Nach Auffassung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Andreas Stoch holt die Regierung nur das nach, was sie in der vergangenen Legislaturperiode nicht bewerkstelligt hat – also die Solarpflicht für Privathäuser.

Anstatt so einen Schwachsinn vorzutragen sollte man einfach sagen: Finden wir gut.

Eka-Tantal on July 14th, 2021 at 15:56 UTC »

Das hier finde ich sogar noch besser als die Dächer:

Auch muss in Baden-Württemberg jeder Parkplatz mit mehr als 35 Stellplätzen künftig mit einer Photovoltaik-Anlage ausgerüstet werden.

luaks1337 on July 14th, 2021 at 15:55 UTC »

Das wäre mit der CDU als stärkste Kraft so nicht passiert. Die Grünen sind in BW zwar längst nicht die Klimaretter schlechthin aber man sieht doch, dass es einen Unterschied macht.